Rückblick 2022
Claas Schmedtje
Gespannt auf die Ideen und den Input durch das Forum zeigte sich Claas Schmedtje, noch Geschäftsführer bei FUNKE Medien Niedersachsen. Bei ihm im Haus sei die Pandemie-Phase genutzt worden, um alle Funktionen zu hinterfragen und eine neue Basis zu schaffen. Er selbst wechselt in Kürze ganz zu FUNKE Medien nach Hamburg, wo er bereits in Doppelfunktion die Geschäftsführung inne hatte. In Braunschweig übernimmt Tatjana Biallas, die ebenfalls beim Medienhaus/NEXT/ Forum dabei war.
Carsten Dietmann
Für Aha-Momente sorgte Carsten Dietmann, Geschäftsführer der DDV Mediengruppe. Angesichts einer seit 2020 um 50% gesunkenen Auflage und einem um 75% gesunkenen Anzeigen- und Beilagenerlös, setzt er auf Diversifizierung und regionale Vernetzung. In fünf gleichwertigen Kompetenzzentren deckt sein Medienhaus die Bereiche „Medien“, „Mehrwerte“, „Touristik/Freizeit“, „Logistik“ und „Kommunikation/Verwaltung“ ab. Ob bei TAG 24, lokalen Messen, Cocktailnächten in verschiedenen Städten des Verbreitungsgebiets, dem Betrieb von Touriinfos mit Stadtrundgängen oder Postdienstleistungen – überall da und bei noch viel mehr sind die einzelnen Kompetenzzentren an Bord und arbeiten nach unternehmerischen Gesichtspunkten anhand eigenständiger Strategien. Das Resultat: 220 Mio Euro Umsatz in 2019 im Vergleich zu 140 Mio. Umsatz in 2000 und somit ein stabilisiertes Gesamtgeschäft. Mission accomplished.
Markus Franz
Können Daten helfen, Nutzer nicht nur zu erreichen, sondern sie zu verstehen und positive nachhaltige Erlebnisse zu schaffen? Markus Franz, CTO bei Ippen Digital, ist davon überzeugt. „Wir müssen in Zukunft schneller lernen, wenn wir Produkte anpassen und neue Geschäftsmodelle aufbauen“ – und genau hierfür seien Daten wichtig. „Alles was wir machen, ist eine Hypothese“, so Franz. Per Messung über alle Kanäle hinweg, bekommt die Redaktion eine schnelle Rückmeldung, was funktioniert und was nicht und kann reagieren. Für die Erfolgsmessung ist die Wiederkehrquote die richtige Metrik. Diese lässt sich durch Personalisierung steigern. Doch die ist angesichts eines immer schlechteren Trackings schwierig. Bei Ippen baut man deshalb darauf, die Daten beim Leser abzuholen und setzt auf Zero-Party-Data, also auf Informationen, die Kunden absichtlich und proaktiv mit einer Marke teilen. „Das ist die Zukunft“, ist sich Markus Franz sicher.
Barbara Geier
Wie man mit einem Medium eine Herzensangelegenheit schafft, zeigte Trendscout Barbara Geier am Beispiel Tortoise auf. Die Arbeit des britischen Online-Mediums, das mit „slow news“ das Warum beantworten will, zeichnet sich im Umgang mit den Nutzern durch Transparenz, Motivation, Teilhabe und die Betonung der gemeinsamen Sache aus. Mitglieder des Journalismus-Start-Ups können die Inhalte der Artikel oder auch der Podcasts direkt beeinflussen. Hierfür gibt es zum Beispiel in der App des Mediums so genannte ThinkIns mit gelisteten Themen. ThinkIns sind Live-Gespräche in der Redaktion, an denen Mitglieder persönlich oder online teilnehmen und mitreden können. Das kommt an: die Tortoise-Community wächst und die Idee des organisierten Zuhörens stößt auch bei Unternehmen auf Interesse, die die Tortoise-Redaktion buchen, um ThinkIns mit den Beschäftigten durchzuführen.
Sophie Rohringer
Wie macht man aus einem digitalen Flyby einen Digitalabonnenten? Beim Kölner Stadtanzeiger arbeiten gleich vier Teams an dieser Herausforderung, wie Sophie Rohringer erklärte. Die Lead Subscrpiton Intelligence Managerin weiß, dass nicht alle Nutzer in einen Topf geworfen werden können, weil sie ganz unterschiedliche Bedürfnisse haben – je nachdem wo sie sich im Funnel befinden. Bei der Begleitung der Nutzer in diesem Prozess haben sich einige Faktoren bewährt: So wirkt eine klare Preisstruktur wie ein Qualitätsversprechen, der Bestellprozess sollte einfach sein und Digital und Print trennen, ein Freemium-Modell sollte über feste Regeln zur Artikelauszeichnung verfügen und aus Erfolg sollte man lernen. Dazu gehört für Sophie Rohringer auch, sich nicht nur auf den letzten Artikel, der vor dem Abo-Abschluss gelesen wurde, zu fokussieren, sondern auch die Artikel anzuschauen, die im Vorfeld konsumiert wurden.
Carsten Groß/Christian Klose
Sage und schreibe 120 lokale Märkte hat Carsten Groß im Blick, der als Head of Audience, Subscription and Product bei der FUNKE Mediengruppe für die Lokalmarkt-Strategie zuständig ist. Auch wenn die Ausgangslagen in den verschiedenen Märkten ganz unterschiedlich sind, so gilt doch für alle: die Lokalredaktion soll stark gemacht werden. Wie das ganz konkret laufen kann, zeigte Christian Klose. „Wir haben eine klare Contentstrategie für die Menschen, die hier wohnen“, so der Chefredakteur der Braunschweiger Zeitung. Doch das Problem bestehe darin, dass die Lokalzeitung (noch) keine digitale Marke ist. Deshalb arbeitet man in seinem Haus daran, Formate zu entwickeln, um den Nerv der Menschen in der Stadt zu treffen und die Marktdurchdringung zu erhöhen. Dafür nutzen Klose und seine Redaktion Daten, die zeigen, wie der Artikel performt. Das spornt in der Redaktion an und hilft zunehmend, dass sich die Bürgerinnen und Bürger auch im Digitalen mit der Zeitung beschäftigen.
Prof. Dr. Jürgen Seitz
Customer Experience ist nichts weniger als die größte Revolution im Marketing in den letzten Jahren, so Prof. Dr. Jürgen Seitz von der Hochschule Stuttgart. Unternehmen die erfolgreich sein wollen, sollten lieber das Kundenerlebnis verbessern, statt auf Markenliebe zu setzen. So zeigen beispielsweise Amazon und der Lebensmittel-Lieferdienst Gorilla, dass Convenience hierbei einen wichtigen Beitrag leisten kann. Auch Personalisierung wie sie die Apple Watch mit ihrem Fitness Tracker betreibt oder gutes Story-Telling (Beispiel Tesla – „Produkt mit eingebautem gutem Gewissen“) zahlen auf die User Experience ein. Und dann gibt es noch die Community. So zeigt das Beispiel Peleton, wie das Gefühl der Zugehörigkeit die Wahrnehmung verändert. Lokalzeitungen mit ihrer regionalen Zugehörigkeit verfügten in Sachen Community-Faktor bereits über eine Superpower, so Seitz, die sie nutzen sollten.
Philipp Rapp
Mit der „ZEIT“ erwachsen werden – das wollen die Nutzer von ihrem Medium. Dafür muss das Produkt anhand der individuellen User Journey immer wieder angepasst werden, wie Philipp Rapp, Product Manager Digital Products & Paids Content bei ZEIT Online erklärte. Nichts passiert dabei ohne A/B-Tests. „Um unsere Abo-Produkt ganzheitlich zu verbessern und Kundenprobleme früh in der User Journey zu erkennen, nutzen wir Erkenntnisse aus unseren Churn Analysen.“ So kommt es beispielsweise am Jahresende immer zu einer erhöhten Kündigungsrate. Durch einen personalisierten Jahresrückblick führt man den Nutzern nun vor Augen, wie umfangreich sie das Abo nutzen und für welche Themen sie sich bereits interessiert haben, für die die ZEIT noch breiten Content bereithält. Anstatt immer auf den Churn Score zu blicken, plädierte Rapp dafür, bei allen Maßnahmen das User Engagement zu beobachten. Gelingt es, dieses zu steigern, spielt Churn schließlich nur noch eine untergeordnete Rolle.
Roman Rackwitz
Der Mensch ist spielgetrieben, so die Überzeugung von Roman Rackwitz von der Gamification Agentur Engaginglab. Im Spielen verarbeiten wir unsere Erfahrungen, erlernen Neues und machen persönliche Fortschritte. Medien, die zur Kundenbindung spielerische Ansätze wählen, sollten ihren Nutzern darin vermitteln, besser geworden zu sein. So kann eine Sogwirkung entstehen, die den Nutzer dazu anregt, sich stärker mit den Inhalten zu beschäftigen. Ist der Content beispielsweise nach Leveln sortiert und muss „erobert“ werden, entstehen daraus Anreize, die langfristig wirken. In Ergänzung zu Bonus- und Punkteprogrammen, die als Trigger wirken, kann so eine belastbare emotionale Verbindung aufgebaut werden.