Wie KI die Medien vor neue Herausforderungen stellt

 KI wird von Medien bereits häufig für Content-Erstellung genutzt. Neben der Verbesserung des Nutzererlebnisses geht es dabei auch um mehr Effizienz und Reichweite, wie Jana Caterina Erhardt vom Softwareentwickler Retresco erklärt. Sie ist überzeugt: Mit den vielen Chancen kommen auch neue Herausforderungen auf die Medien zu. Und: Nur Medien, die sich kontinuierlich mit KI und deren Anwendungsmöglichkeiten in der Praxis auseinandersetzen, können ihrer Rolle als Informationsvermittler gerecht werden.

Was ist die Voraussetzung für Content-Erstellung mit künstlicher Intelligenz?

Überall dort, wo große Mengen an Daten verfügbar sind, ist KI-basierte Content-Erstellung gängig.

Typische Anwendungsszenarien liegen in der automatisierten Sportberichterstattung, lokalen Artikeln, Finanz-News, Wetterberichten, Verkehrsmeldungen und Horoskopen. Die KI übernimmt die Analyse, Interpretation und Organisation der strukturierten Daten und verarbeitet die bereitgestellten Informationen wie Namen, Orte, Beträge, Rankings, Statistiken sowie vergleichbare Zahlen. Der Retresco Kunde RP Online ist bei der automatisierten Berichtsbestattung bereits relativ weit. Die automatisiert generierten Informationen lassen sich inzwischen auch einfach und informativ mit durch ChatGPT bereitgestelltem Weltwissen anreichern.

Wie wird KI dort eingesetzt?

Das Düsseldorfer Medienhaus hat seit 2020 eine automatisierte Corona- und Impf-Berichterstattung realisiert. Auf diese Weise sind mehrere Hundert Artikel zur aktuellen Corona-Situation in Deutschland und Nordrhein-Westfalen entstanden. Die Artikel enthalten neben den aktuellen Inzidenzzahlen und R-Werten unter anderem auch Informationen zu regionalen Hotspots und zur Belegung von Intensivstationen. Zugleich realisiert RP Online automatisierte Wahlberichterstattung, indem Wahlergebnisanalysen aus den einzelnen Wahlkreisen in Echtzeit verarbeitet und als Content aufbereitet werden. So konnte RP Online bei der letzten Bundestagswahl eine beeindruckende Traffic-Steigerung von 20 Prozent erzielen. Last but not least, werden automatisiert erstellte Verkehrsmeldungen in Form von Artikeln erstellt.

Wie schätzen Sie die Rolle von KI für Verlage generell ein? Auf was müssen/dürfen wir uns gefasst machen?

KI sollte auch den Verlagsbereich völlig umkrempeln. Durch den Einsatz von KI können Verlage hochwertige und personalisierte Inhalte auf Basis der vorliegenden Datenbasis erstellen. KI kann dabei helfen, die Redaktionsarbeit effizienter zu organisieren und den Nutzern bessere Erfahrungen im Umgang mit den Medieninhalten zu ermöglichen.

Gleichzeitig führt KI aber auch zu einer Diskussion darüber, was Wahrheit ist und wie sie definiert wird. Verlage sind gut beraten, ihre Expertise in der Recherche und Aufbereitung von Inhalten als Qualitätsmerkmal zu positionieren, um die Gefahr von Fake News zu minimieren. Ebenfalls tauchen neue Fragen rund um den Datenschutz und das Urheberrecht auf. In welche Richtung die Entwicklung geht, zeigen bereits die inzwischen regelmäßig kursierenden, KI-generierten Bilder bekannter Persönlichkeiten. Verlage müssen sicherstellen, dass KI-generierte Inhalte den rechtlichen Bestimmungen entsprechen und persönliche Daten geschützt werden. Und auch in den Medienunternehmen selbst wird sich etwas bewegen müssen, denn KI ermöglicht es, journalistische Inhalte schneller und einfacher zu produzieren. Dadurch entsteht ein verstärkter Wettbewerb im Medienmarkt. Verlagshäuser müssen sich darauf einstellen und ihre Marktposition durch Innovationen sichern bzw. stärken.

Und was raten Sie nun den Medien?

Für Verlage ist es wichtig, technologieoffen zu sein und sich kontinuierlich mit KI und deren Anwendungsmöglichkeiten auseinanderzusetzen. Dabei sollten sie mit den neuesten Technologien nicht nur experimentieren, sondern diese auch in der Praxis anwenden, um konkurrenzfähig zu bleiben und ihre Rolle als Informationsvermittler beizubehalten.