“Sports Only”: Wie US-Lokalzeitungen mit Sport-Verticals neue Abonnenten gewinnen

Von unserem USA-Trendscout Ulrike Langer

Sportfans, die sich für “ihr” Football-, Baseball- oder Basketballteam begeistern, wollen in der Regel alles Neue rund um ihr Team wissen und sind auch bereit, dafür zu bezahlen. Sie wollen aber nicht unbedingt eine Lokalzeitung abonnieren, nur um den Sportteil zu lesen. Um auch den rein Sportinteressierten ein Angebot zu machen, bringen jetzt immer mehr amerikanische Regionalzeitungen “Sports Only”-Abos auf den Markt.

 

“Sports Only”-Abos können getrennt von den Hauptprodukten abonniert werden und kosten weniger als ein Vollabo. Seit zwei Jahren bietet der Miami Herald das Vertical “Sports Pass” an. Für 30 Dollar im ersten Jahr (danach 50 Dollar) bekommen Abonnenten Zugang zu allen Sportinhalten auf der Website inklusive Extras wie Interviews mit lokalen Sportstars, einen Newsletter und bevorzugte Tickets für Events. Ein komplettes Abo des Miami Herald kostet regulär 13 Dollar im Monat oder 130 Dollar im Jahr.

“Macht uns ein Angebot!”

Mit dem Launch von “Sports Pass” gelang es dem Miami Herald, Teile einer sportinteressierten Nutzergruppe, die normalerweise an der Paywall umkehrt, in zahlende Abonnenten zu konvertieren. Fans der Profi-Liga-Teams Miami Dolphins (NFL Football), Miami Heat (NBA Basketball) und der University of Miami Hurricanes (diverse College-Sportteams) leben nicht nur in Miami und Umgebung, sondern auch außerhalb von Florida. Diese weit verstreuten Fans wollen über Spiele ihrer Teams und Hintergrundstories informiert werden, sind aber nur selten an den übrigen Inhalten auf miamiherald.com interessiert. “‘Wir würden ja gerne für eure Sportinhalte bezahlen, aber nicht für den ganzen anderen Kram. Macht uns ein Angebot!’ Das bekamen unsere Sportreporter und Redakteure immer wieder zu hören”, berichtete Rick Hirsch, Chef vom Dienst des Miami Herald kurz nach dem Start.

Wie viele ”Sports Pass”-Abonnenten seitdem dauerhaft gewonnen wurden, will man beim Miami Herald nicht verraten. Allerdings gab der damalige Sportressortleiter Alex Mena (inzwischen stellvertretender Chef vom Dienst) ein Jahr nach dem Start bekannt, dass 80 Prozent der ”Sports Pass”-Abonnenten eine Adresse außerhalb des Miami Herald Verbreitungsgebiets angegeben hatten und das Sport-Abo nicht zur Kannibalisierung der Normal-Abos geführt habe. Inzwischen hat die Regionalzeitungskette McClatchy (u.a. Miami Herald, Charlotte Observer, Kansas City Star, Tacoma News Tribune) das Vertical mit der gleichen Software, im gleichen Design und zum gleichen Preis in fast der Hälfte seiner 30 lokalen Märkte ausgerollt. Alle ”Sports Pass”-Abos gelten jeweils für eine Region.

Wer Ulrike Langer in Aktion erleben will, kann das bei einem Webinar des BDZV tun. Hierbei spricht sie zum Thema “Innovative Abostrategien: Wie US-Verlage mit Verticals und Bundling umgehen”.

Erweiterung mit Extras

Der Verlagsriese Gannett (USA Today und USA Today Network mit über 100 lokalen Tageszeitungen) startete im September 2021 – pünktlich zum Start der Profi-Football-Saison – in zunächst sieben lokalen Märkten ein ähnliches Vertical wie McClatchy. ”USA Today Sports+” hat die gleiche Preisstaffelung wie ”Sport Pass”, bietet aber noch mehr Extras: Sports+-Abonnenten erhalten zusätzlich zum digitalen Sportteil auch exklusive SMS-Chats mit Sportreportern und -kolumnisten, Gruppen-Live-Chats, zu denen regelmäßig auch lokale Sportgrößen als Gäste eingeladen werden und eine Datenbank mit Statistiken. Für den weiteren Ausbau des Verticals kündigt Alicia DelGallo, Chefredakteurin von Sports+, auch exklusive Podcasts, Videos und Augmented Reality-Inhalte an.

Mit ihren Sport-Verticals setzen Zeitungsverlage darauf, dass sie gegen viel größere kostenpflichtige Wettbewerber, wie zum Beispiel den Streaming-Sender ESPN+ oder die Website The Athletic, bestehen können (letztere wurde im Februar dieses Jahres für 550 Millionen Dollar von der New York Times gekauft) und genügend zahlende Abonnenten finden, ohne das Hauptprodukt zu kannibalisieren.

Die Rechnung geht nicht immer auf: Die Tageszeitung Dallas Morning News hat ihre beiden 2017 gestarteten kostenpflichtigen Sport-Verticals inzwischen wieder in die digitale Hauptausgabe integriert. Allerdings können die Lokalzeitungen mit der Nähe ihrer Sportreporter zu lokalen Teams und mit regionaler Identität punkten. Sport ist ein Thema, bei dem sich Leidenschaft, Debattier- und Meinungsfreude mit lokalen Eigenheiten paart, was für den Aufbau eines monetarisierbaren Verticals genutzt werden kann. Nicht zufällig haben McClatchy und Gannett ihre Sport-Verticals in genau den Märkten gestartet, in denen sich Nutzer besonders stark mit ihren Teams identifizieren.

Wer noch mehr von Ulrike Langer hören will, kann das beim BDZV-Webinar: „Innovative Abostrategien: Wie US-Verlage mit Verticals und Bundling umgehen. Es findet am 7. April um 17 Uhr statt.