So nutzen erste Verlage KI in der Kommunikation mit Kunden

KI-Systeme in Verlagen können Texte, Bilder und Videos erstellen. Doch das ist noch lange nicht alles: Spannende neue Möglichkeiten gibt es auch für die Verbesserung des Nutzererlebnisses sowie in der Angebotskommunikation. Die Tools dafür sind da, werden aktuell jedoch nur in geringem Umfang genutzt. Dabei ist vor allem Kreativität gefragt, um das leistungsfähige Instrument KI effektiv einzusetzen, wie Dr. Richard C. Geibel, Direktor des E-Commerce Instituts Köln, sagt.

Eine Stichprobe auf Webseiten von Magazinen und Tageszeitungen zeigt: Erkennbare KI ist vor allem als Chatbot präsent. So setzt zum Beispiel DER SPIEGEL einen selbstlernenden KI-Chatbot auf seinen Abo-Seiten ein, der eingehende Service-Anfragen automatisiert beantwortet. „DER SPIEGEL macht das sehr erfolgreich, denn neben der hohen Automatisierungsrate und der einhergehenden Entlastung des Kundenservice konnten mithilfe des Chatbots der Abo-Umsatz erhöht und ein Customer Satisfaction Score von 75 Prozent erreicht werden“, so Dr. Richard C. Geibel. Wie das gelingt, zeigt das Beispiel der Einbindung von Gamification-Elementen. So fordert der Chatbot auf die Frage nach den Vorteilen eines Abos dazu auf, zwischen der reinen Aufzählung oder einem Quiz zu wählen. Die User-Experience wird also in einem sehr frühen Stadium durch Interaktion im Bot positiv aufgeladen.

 

Chatbot für Fragen zur Abo-Card

Auch die Osnabrücker Zeitung setzt den Chatbot von MoinAI ein und nutzt ihn ebenfalls im Aboshop. Dort erscheint der Bot unter den Menüpunkten „Kundenservice“, „Bildung“, „E-Paper“ und „Infowelt“. Auch in der „Vorteilswelt“, unter der vor allem die Abo-Cards „OS-Card“ und „EL-Card“ vorgestellt werden, ist der Bot präsent, kann hier selbst einfache Fragen aber noch nicht beantworten, wie ein Test zeigt (siehe Screenshot).

Doch lange wird das nicht so bleiben, denn der Chatbot ist ja intelligent. Die dahinterliegende Technik macht es möglich, dass sich die KI selbstständig weiterentwickelt. „Zudem ist das Sprachverständnis Natural-Language-Processing-basiert (NLP-basiert), was bedeutet, dass die KI Nutzeranfragen nicht auf Basis von Schlüsselwörtern versteht, sondern semantische Zusammenhänge erkennt“, erklärt Geibel. „Durch NLP und KI versteht der KI-Chatbot somit auch komplexe Botschaften und lernt mit jedem Nutzergespräch selbstständig dazu.“

Nach Ansicht des Institutsleiters bieten sich für Verlage noch weitere Chancen durch KI. So könnten dadurch beispielsweise Mehrwerte angeboten werden, die auf die Interessen des Nutzers angepasst sind. Durch Mehrsprachigkeit, besondere Recherchemöglichkeiten, die Freischaltung zusätzlicher Funktionsbereiche beziehungsweise Inhalte könnte man, etwa ausgehend von einem Freemium-Modell, Besucher in zahlende Kunden umwandeln.

Aus anderen Branchen lernen, KI kreativ einzusetzen

Gute Beispiele für einen effektiven Einsatz von KI finden sich vor allem im E-Commerce – allen voran Amazon, Otto und Zalando. Dort wird Künstliche Intelligenz genutzt, um das Kundenerlebnis im Rahmen der Customer Journey zu verbessern, Retouren zu minimieren oder für die Kaufempfehlung passender Produkte. Übersetzt in die Verlagswelt könnte das zum Beispiel bedeuten, dass Medien KI-Empfehlungstools einsetzen, um den Lesern dabei zu helfen, die für sie relevanten Inhalte zu finden. Dafür nutzen diese zum Beispiel Daten, die das Rechercheverhalten widerspiegeln und dabei das von anderen Lesern mit ähnlichem Profil einfließen lassen. Dr. Richard C. Geibel ist überzeugt: „Die KI ist zwar das leistungsfähige Instrument, doch braucht sie branchenspezifische Kreativität, um wirklich effektiv zu arbeiten.“